Nach einigen Recherchen über Weitwanderwege entschlossen sich Herr und Frau Wanderlich spontan ein verlängertes Wochenende im Mühlviertel zu verbringen. 3 Tage Zeit, das Wetter sollte halten und die Entfernung zum Ausgangspunkt war nicht allzu groß – also den Rucksack gepackt, die Schuhe geschnürt und auf ging es mit Bahn und Bus nach Pierbach in Oberösterreich. Dieser kleine Ort sollte Start und Endpunkt ihrer knapp 80 km langen Wanderschaft sein, die sich in Form einer Lilie durch die Mühlviertler Alm zieht. 12 besondere Stationen umfasst dieser „spirituelle Wanderweg“, der im Jahr 2012 von dem Arzt Johannes Neuhofer erdacht wurde. Selten haben Herr und Frau Wanderlich einen derart (medial) angepriesenen und regional unterstützten Weg begangen! Nebst ausgezeichneter Beschilderung kann man Bücher, Karten, Apps, Tourvorschläge und sonstige Hilfsmittel via Website beziehen oder vor Ort an diversen Ausgabestellen erwerben. Ein Verirren war also von Vorneherein gänzlich ausgeschlossen… Dem Abenteuergeist der alten Zeit verschrieben, machten sich Herr und Frau Wanderlich jedoch nur ganz schlicht und bescheiden mit einem A4-Ausdruck auf den Weg ins mystische Mühlviertel. Gleich zu Beginn trafen sie auf eine alte Mühle (derer gibt es viele in dieser Region), mit der auch heute noch spezielle Murmeln aus Marmor gefertigt werden. Aber nun Schritt für Schritt die einzelnen Stationen des Weges in fortwährender Reihenfolge: Die Wanderlichs sind passionierte Teetrinker und deshalb fanden sie am weichen Wasser des Johannesbrunnen besonderen Gefallen, bringt dieses doch ein unverfälschtes Geschmackserlebnis. Erfrischt ging es weiter zum Herrgottsitz, einem imposanten Schalenstein, auf dem sich der Sage nach der liebe Gott ausgeruht haben soll. Ein kleiner Umweg führte dann zum Herzogreitherfelsen, der Herr und Frau Wanderlich mit einem wunderbaren Ausblick auf die Mühlviertler Hügellandschaften belohnte. Am nächsten Morgen, nach einer herzlichen Bewirtung in St. Leonhard, kamen die beiden zur Bründlkapelle. Dem radonhaltigen Wasser des Augenbründls werden besondere Heilkräfte nachgesagt, folglich netzte sich auch die unerschrockene Frau Wanderlich ihre Augen (Herr Wanderlich steht jeglichem Hokuspokus eher skeptisch gegenüber.) Im Wald vor Weitersfelden befindet sich der alte Galgen, ein grausiger Ort der Gerichtsbarkeit – Herr und Frau Wanderlich lief ein Schauer über den Rücken, nichtsdestotrotz wurde hier die obligatorische Mittagsrast eingehalten. Weitaus lieblicher wäre diese Pause auf der Zwischenstromwiese verlaufen, auf der sich die Schwarze und Weiße Aist zur Waldaist vereinen. Schon aus der Ferne bietet sich mit der Kapelle am Kammerer Kreuz ein malerischer Anblick. Ein leicht ansteigender Weg führte die beiden den Hügel am Waldesrand hinan, wo sie zu ihrer großen Freude schmackhafte Eierschwammerl entdeckten. Bei Kaltenberg passierten sie die Ursprungkapelle mit einem weiteren Augenbründl und einer angeblichen Marienerscheinung, für Herr und Frau Wanderlichs Verständnis leider viel zu modern in ihrem Erscheinungsbild. Gerne hätte Herr Wanderlich mehr über die antik anmutende Schüssel der gleichnamigen Schüsselkapelle erfahren, welche einst das heilkräftige Wasser einer Quelle aufgefangen hat. Eine wahrhaft gesegnete Region! Frisch ausgeruht nach einer Nächtigung in Unterweißenbach ging es dann gleich am Morgen steil hinauf zum Wegererstein, einer ganz besonderen Laune von Mutter Natur. Der mächtige Granitblock ist durch eine enge Treppe begehbar und bildet den höchsten Punkt der hiesigen Gemeinde. Als besonders skurril empfanden die Wanderlichs die etwas abseits vom regulären Weg liegende Einsiedlerklause samt der dazu gehörigen Himmelsleiter. Hier hauste in den 1990er Jahren für einige Jahre Schwester Ludmilla in einfachsten Verhältnissen und ihr kleines Häuschen steht neugierigen Besuchern (wie Frau Wanderlich) auch heute noch offen. Der Anstieg zum Harlingsedter Gipfelkreuz wird mit einem gefälligen Panorama vergolten, das einen noch ein Stück bergab nach Königswiesen begleitet. Hier ist die spätgotische Marienkirche erwähnenswert, deren außergewöhnliches Netz- bzw. Schlingrippengewölbe seinesgleichen sucht in der Welt. Der Johannesweg, ein Auf und Ab mit durchaus beachtlichen Höhenmetern, präsentiert auf seiner Strecke so manches landschaftliche Juwel: gewaltige Findling-Steine in phantasievollen Formationen, weitläufige Wiesen- und Kulturlandschaften, ungewöhnlich gefärbte Bächlein, duftende Wälder und den unvergleichlich schönen Steinbloß-Stil, in dem hier die typischen alten Dreiseithöfe und Kapellen errichtet sind. Der Pfad durchquert auch folgende Gemeinden, die alle als Beginn und Endpunkt des Pilgerweges dienen können – Schönau, St. Leonhard bei Freistadt, Weitersfelden, Unterweißenbach und Königswiesen. Aber egal wo, überall begegnete Herr und Frau Wanderlich reichlich Gastfreundschaft – kleine Gaststuben und Herbergen laden zur Einkehr oder zum Verweilen ein, gerne wollen die Menschen entlang des Weges ein wenig plaudern und man hilft sich gegenseitig. Bemerkenswert sind beispielsweise Einrichtungen wie eine bäuerliche Schnapsbar oder die relativ neu errichtete Selbstversorgerhütte direkt am Weg, die auf Spendenbasis funktionieren und ein kühles Getränk oder sogar Dusche und Schlafplatz für erschöpfte Wanderer bereit halten. Ein großes Lob an die Gründer dieser selbstlosen Projekte! Zwei historische Besonderheiten möchten euch Herr und Frau Wanderlich hier noch etwas näher bekannt machen, gilt ihr Interesse doch seit jeher dem Vergangenen und dessen Hinterlassenschaften. Etwa im ersten und letzten Viertel dieses abwechslungsreichen Rundweges begegnet man nämlich den beeindruckenden Ruinen Prandegg und Ruttenstein. Gut erhalten sind sie beide (erstere wohl noch mehr), wird der Renovierung und dem Wiederaufbau doch viel Aufmerksamkeit gewidmet. Die Wanderlichs fühlten sich wie auf einem Abenteuerspielplatz, da man für interessierte Besucher alles hübsch begehbar und zugänglich gemacht hat. Köstlich war auch das selbst gebackene Brot aus der burgeigenen Taverne Prandegg… Fazit:
In drei Tagesetappen gut schaffbarer, wenn auch nicht ganz unanstrengender Rundweg durch eine großartige Landschaft – leider mit einigen Asphaltstrecken dazwischen – der regional noch weitere schöne Wandermöglichkeiten bietet. Link: http://www.johannesweg.at/
2 Comments
Herr und Frau Wanderlich
24/8/2017 12:48:27
Danke, das freut uns natürlich! Wir wollen mit unserem Blog ja auch andere zum Wandern motivieren...
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September 2024
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