Das Jahr 2020 hat einiges an Veränderungen und Herausforderungen mit sich gebracht, aber eines ist dennoch gleich geblieben – der stete Wunsch der Wanderlichs nach erbaulichen Streifzügen durch die Natur. Die Witterung kann man sich natürlich nicht immer aussuchen, aber die beiden haben gelernt auch nass-kaltem Schmuddelwetter etwas abzugewinnen. Diesmal entführen Herr und Frau Wanderlich in’s nordwestlich von Wien gelegene St. Andrä-Wördern, genauer gesagt nach Greifenstein. Im Sommer ein beliebter Naturbadeplatz, kann man hier das restliche Jahr über die ein oder andere schöne Wanderung unternehmen.
Hoch auf einem Felsen des Wienerwaldes, über dem südlichen Steilufer der Donau, thront die kleine aber feine und im Kern noch romanische Burg Greifenstein. Sie diente mit der gegenüber liegenden Burg Kreuzenstein einst zur Überwachung des Donauknies bei der Wiener Pforte. Schon oft haben die Wanderlichs die Höhenburg von weitem bewundert – Zeit, sie endlich auch einmal aus der Nähe zu inspizieren.
Egal, ob man öffentlich oder mit dem Auto anreisen möchte, ein guter Ausgangspunkt der etwa 7 Kilometer langen Rundwanderung ist der Bahnhof Greifenstein-Altenberg. Herr und Frau Wanderlich entschieden sich für die Variante über den Tempelberg, man biegt also die Josef-Strauch-Gasse hinauf und betritt schon nach wenigen Minuten Waldgebiet.
Nun führt der Weg mitunter auch etwas steiler den Berg hinauf, es gilt schließlich eine Erhebung von 403 Höhenmetern zu bezwingen. Den Wanderlichs wurde es gar entrisch zumute, denn der Nebel begann im Wald immer dichter zu werden. Einzelne Stämme lösten sich gespenstisch aus den grauen Schwaden und zum Glück war der Weg gut markiert, so konnte man nicht verloren gehen.
Wer die Tempelbergwarte besuchen möchte, muss sich auf einen kleinen Umweg einstellen, der sich aber durchaus lohnt. Von dem 14 Meter hohen Aussichtsturm genießt man nämlich bei Schönwetter einen Fernblick vom Voralpenland über das Tullnerfeld und die Donau bis weit ins Weinviertel. Die Warte wurde anlässlich des 60-jährigen Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Joseph I. erbaut und 1908 eröffnet.
Herr und Frau Wanderlich kehrten auf demselben Pfad zurück zum Hauptweg ihrer Runde und folgten nun den Hinweisschildern Richtung Hadersfeld. Die kleine Ortschaft oberhalb der Donau hat tatsächlich einige Sehenswürdigkeiten zu bieten – unter anderem ein Schloss, an dessen ehemalige prächtige Parkanlage jedoch nur noch ein einzelner Obelisk erinnert, sowie einen Glockenturm.
Da sich die Nebelwand immer dichter um die beiden Wanderer zu schließen begann, wurde hier eine kleine Abkürzung zur Burg Greifenstein genommen. Auch das früh schwindende Licht der Winterzeit war eine wesentliche Entscheidungshilfe, denn der Waldweg verlor sich bereits zunehmend im Dunkel. Herr und Frau Wanderlich gaben Schuster’s Rappen die Sporen und erreichten alsbald die hochmittelalterliche Anlage aus dem Jahr 1100.
Die nordöstlichste Burg der Alpen erhebt sich auf dem so genannten „Hangin(ten)stein“ (= hängender Stein), der bereits im Jahr 900 urkundlich erwähnt worden sein soll. Was den Namen Greifenstein betrifft, gibt es unterschiedliche Deutungen: Zum einen könnte die Burg nach dem passauischen Dienstmann Grifo benannt sein, dem sie als ständiger Wohnsitz gedient hat – also „die Burg des Grifo“. Zum anderen könnte die kleine Feste auch nach dem Schwurstein im schmalen Burghof heißen, eine Vertiefung im Naturfelsen, auf dem die Burg unmittelbar erbaut wurde. Jeder Fremde musste bei seiner Ankunft kniend die Hand in den Stein legen und dem Burgherrn Treue schwören („So wahr ich greife an den Stein, halte ich die Gastfreundschaft dieses Hauses in Ehren“).
Herr und Frau Wanderlich wurden sich darüber nicht recht einig, beides erschien ihnen möglich. Fakt ist jedenfalls, dass die immer wieder umgebaute und adaptierte Anlage 2006 durch einen Großbrand schwer beschädigt wurde und danach mehr als ein Jahrzehnt lang leer stand. Erst 2017 erhielt sie einen neuen Besitzer, der die Burg nun gemäß der ursprünglichen Bausubstanz revitalisieren möchte. Von hier ist man jedenfalls in einer knappen Viertelstunde wieder im Ort bzw. am Donauufer zurück. Alles in allem eine mittelschwere Tour, die insgesamt etwa 2 Stunden in Anspruch nimmt, aber allerlei Highlights zu bieten hat.
Text- und Bildschmiede:
Herr und Frau Wanderlich. Ohne deren ausdrückliche Genehmigung keine Vervielfältigungen oder jegliche Nutzung privater oder kommerzieller Natur erlaubt. Siehe auch Impressum.
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