Die Corona-Krise hat leider auch Herr und Frau Wanderlich zu vermehrter Häuslichkeit gezwungen. Aber die ganze Sache hat auch ihr Gutes, denn so können die beiden wieder einmal in aller Ruhe die nähere Umgebung erkunden und haben dabei auch endlich die schon lange geplante Umrundung des Lainzer Tiergartens in Angriff genommen.
Der 2.450 Hektar große Biosphärenpark wird von einer imposanten Ziegelmauer begrenzt, an der man sich auf der 25 Kilometer langen Rundwanderung gut orientieren kann. Sie ist das bestimmende Element, auch wenn man sich stellenweise von ihr weg bewegt. Über das Mauerwerk erhascht man nicht nur Blicke auf die üppige Vegetation des Naturschutzgebiets, sondern mit etwas Glück auch auf das ein oder andere herumstreifende Reh oder Wildschwein.
Aufgrund der Gehzeit von 6-7 Stunden, einem Höhenunterschied von gut 700 Metern und den spärlichen Einkehrmöglichkeiten ist die Umschreitung jedoch nur für geübte Wanderer zu empfehlen. Auch die Markierungen sind mitunter schon etwas verblichen, man sollte jedenfalls nach den typischen braunen Holzschildern „Rund um den Lainzer Tiergarten“, den rot-weiß-roten Streifen mit der Nummer 44 und streckenweise dem „Rundumadum“-Wanderweg Ausschau halten.
Herr und Frau Wanderlich ließen sich auf die Herausforderung ein und begannen ihren Ausflug am Nikolaitor, nahe der U4-Endstation Hütteldorf. Die klassische Variante führt gegen den Uhrzeigersinn um den Tiergarten herum, aber das kann man natürlich halten, wie man will. Zuerst geht es einmal stadtauswärts Richtung Auhof – links die Mauer, rechts die Westeinfahrt und bald das Umspannwerk Wien-West. Nicht besonders reizvoll, aber Corona-bedingt relativ verkehrsarm und immerhin von einer hübschen Kastanienallee gesäumt.
Man passiert das Forsthaus Auhof beim Pulverstampftor, eine verlassene Tankstelle und ein ebenso wirkendes Hotel, um dann die Westautobahn zu unterqueren und die historische Ziegelmauer für die nächsten paar Kilometer zu verlassen. Endlich konnten die Wanderlichs wieder würzige Waldluft schnuppern. Hier sind auch noch einige überwucherte Mauerreste zu finden, die daran erinnern, dass dieses Gelände vor dem Autobahnbau ebenfalls Teil des Lainzer Tiergartens war.
Nach gut einer Stunde quert man die Westautobahn erneut über eine Brücke – Herr und Frau Wanderlich konnten es kaum glauben, als sie die ungewohnt autofreien Fahrspuren erblickten. Der Weg Nr. 44 zweigt nun nach links ab, Richtung Dreihufeisenberg/Laab. Hier stößt man wieder auf die Tiergartenmauer, die nun auch die Wiener Stadtgrenze markiert. Nach der weitläufigen Glasgrabenwiese durchwandert man urwüchsigen Laubwald und dann heißt es über einen anspruchsvollen Aufstieg den höchsten Punkt des Lainzer Tiergartens zu erklimmen, den Dreihufeisenberg mit seinen 518 Metern.
Anschließend folgt zum Glück wieder ein erholsamerer Abschnitt entlang einer breiten Forststraße und schon bald erreicht man das Laaber bzw. Diana Tor, das 1966 errichtet wurde, als Teile des Gemeindegebiets von Laab im Walde dem Naturschutzgebiet eingegliedert wurden. Der weitere Weg führt durch einen herrlichen Mischwald aus Buchen, Eichen und vereinzelten Föhren Richtung Gütenbachtor. In der nun folgenden Senke wunderten sich Herr und Frau zunächst über wahllos gesetzte weiße Markierungssteine, die jedoch die Trasse der 2. Wiener Hochquellenwasserleitung kennzeichnen sollen.
Der Wanderweg kehrt wieder an die Mauer zurück, hier verläuft nun auch der mit Informationsschildern versehene Planetenweg. Man durchquert den Dorotheerwald und erreicht besagtes Gütenbachtor, wobei man ein asphaltiertes Straßenstück entlang gehen muss. Dieses wird aber schon kurz darauf von einem Wiesenweglein abgelöst und – wiederum begleitet von weißen Markierungssteinen der Hochquellenwasserleitung – dringt man in den nächsten dichten Forst ein.
Vorbei am Gasthaus "Schießstätte" hat man dann schon mehr als die Hälfte des Weges absolviert. Hier ist auch wieder Orientierungssinn gefragt, denn der Streckenabschnitt ist nicht wirklich gut markiert. Zum Glück kommt man wieder an die mächtige Ziegelmauer heran und folgt nun dem Maurer Planetenweg bis zur „Sonne“ als dessen Ausgangspunkt.
Die nächste Station ist schon das Lainzer Tor, das man aber im wahrsten Sinne links liegen lässt, um der Hermesstraße zu folgen. Hier wird es auch wieder kurz zum Tüfteln ob des weiteren Wegverlaufes, denn man muss die Siedlung Friedensstadt und Teile des Hörndlwalds durchqueren. Zwischen der Tiergartenmauer und einer Kleingartensiedlung führt der Wanderweg schließlich zum Sankt-Veiter-Tor.
Herr und Frau Wanderlich konnten weder im Gasthaus „Lindwurm“ noch im Heurigen „Zur Wildsau“ einkehren, da dank dem fiesen Virus sämtliche Ausschanken schließen mussten. Also mit schönem Wienblick fröhlich weiter über eine leicht verwilderte Anhöhe – das heißt man kann sich entscheiden, ob man lieber dem Verlauf der Mauer folgen oder an einem Wiesenweg entlang den Ausblick auf die westlichen Bezirksteile Wiens genießen möchte. So oder so gelangt man kurz darauf an das geschlossene Adolfstor und muss nun die letzten Reserven aufbringen, um über einen kurzen Steilanstieg auf den Hagenberg zu gelangen.
Die Himmelhofwiese belohnt danach wieder mit einem hübschen Rundumblick auf die zu Füßen liegende Stadt, bevor man mit letzter Kraft die 420 Stufen der Markwardstiege bezwingen muss – immerhin geht es abwärts. Wer nicht mehr ans Nikolaitor, sondern direkt zur U-Bahn-Station zurückkehren will, hält sich nun rechts (Erzbischofgasse, Lilienberggasse, Auhofstraße, Hackinger Steg). Herr und Frau Wanderlich waren doch etwas geschafft nach der ausgiebigen Wanderung und froh, gleich hier am Stadtrand beheimatet zu sein.
Text- und Bildschmiede:
Herr und Frau Wanderlich. Ohne deren ausdrückliche Genehmigung keine Vervielfältigungen oder jegliche Nutzung privater oder kommerzieller Natur erlaubt. Siehe auch Impressum.
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