Wenn Herr und Frau Wanderlich‘s Zeit etwas knapper bemessen ist, bewandern sie gerne gemütliche Strecken am Stadtrand von Wien. In den letzten Jahren wurde das „Tut gut“-Schrittewegenetz immer weiter ausgebaut und auf diese Weise lernt man viele hübsche Landstriche kennen, die einem bis dato verborgen blieben. So auch diese gut 5 Kilometer lange Rundwanderung durch den Wienerwald, die man am besten am Bahnhof von Tullnerbach-Pressbaum beginnt beziehungsweise in dessen Nähe, da es hier momentan eine große Baustelle gibt. Herr und Frau Wanderlich durchschritten zunächst die Unterführung, um zur anderen Seite zu gelangen. Der Weg führt nun über eine kurze Stiege in die mit prächtigen Villen gesäumte Bahnhofsallee hinauf. Vor allem das obere Lawies-Viertel ist ein kulturgeschichtlich interessantes, schützenswertes Gebiet sowie ein einmaliges Zeitdokument für die Architektur und das Lebensgefühl der bürgerlichen Welt des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Dieser Wandel kam mit der Eisenbahn, genauer gesagt mit der 1858 zwischen Wien und Linz in Betrieb genommenen Kaiserin Elisabeth-Bahn (die heutige Westbahn). Diese durchquerte erstmals den Wienerwald und brachte nicht nur das gehobene Bürgertum in die bislang einsamen Gegenden hier, sondern auch die städtische Architektur des Villenbaus. In Lawies, einer bis in die 1870-er Jahre weitgehend unverbauten Wiese, entstand so innerhalb von dreißig Jahren ein geschlossenes Villenviertel mit 45 Sommervillen. Die „Sommerfrische“ mit all ihren städtischen Begleiterscheinungen hatte hier Fuß gefasst. Dazu gehörte natürlich auch das Anlegen von Promenadenwegen durch eigens gegründete Verschönerungsvereine. Wanderlichs staunten nicht schlecht über die vielen Prachtbauten, obwohl an manchen leider schon der Zahn der Zeit genagt haben dürfte – aber eine wirklich beachtliche Dichte auf überschaubarer Fläche. Die „Tut gut“-Runde führt von hier an einem Tennisplatz und der Dobrovsky-Straße vorbei in den Karl Ritter-Weg. Dabei handelt es sich um einen der erwähnten Promenandenwege, der im Jahr 1906 feierlich eröffnet wurde und nach dem verdienstvollen Obmann des Tullnerbacher Verschönerungsvereines benannt ist. Die rot markierte Route führt vom Villenviertel Lawies direkt auf die Wilhelmshöhe, wo sich einst ein Gasthaus befand. Herr und Frau Wanderlich folgten dem Pfad aber nur bis zu einem Holzlagerplatz und einer Rastbank am Waldesrand. Ab hier folgt man dann der rot-weißen Markierung beziehungsweise den gelben „Tut gut“-Pfeilen in einen weitläufigen Buchen-Mischwald hinein. Man sollte sich eher links oder gerade halten, um auf diesem Weg wieder zum eingangs besuchten Villenviertel zurück zu gelangen. Wanderlichs spähten in diverse Abgründe, machten illustre Verzierungen an so manchem Baumstamm aus und genossen die frische Waldluft sowie die ersten reifen Brombeeren. Wie aus dem Nichts tauchte plötzlich ein Türmchen wie von einem Märchenschloss auf, das jedoch zu einer der Prunkbauten von Lawies gehörte. Wieder reihte sich ein mondänes Anwesen ans andere, akkurat gepflegte Grünflächen und verwunschene Gärten inklusive. Über die Genee- oder Knabstraße kehrt man dann schließlich wieder zum Bahnhof Tullnerbach-Pressbaum zurück.
0 Comments
Your comment will be posted after it is approved.
Leave a Reply. |
AUTOREN
Herr und Frau Wanderlich teilen eine gemeinsame Leidenschaft - die (Fern-) Wanderei. Folge ihnen auf ihren Streifzügen durchs In- und Ausland... ARCHIV
November 2024
KATEGORIEN
Alle
Besuche Herr und Frau Wanderlich auch auf Facebook & Instagram!
|
|
|