Die Kapverdischen Inseln liegen verstreut im Atlantischen Ozean vor der Westküste Afrikas und sind anscheinend immer noch ein Geheimtipp im Vergleich zu ihren kanarischen Schwestern. Herr und Frau Wanderlich waren von Abenteuerlust und Entdeckergeist getrieben, als sie diesen Winter ihren zweiwöchigen Aufenthalt geplant haben – so sind sie auch auf einer der am wenigsten bereisten Eilande hier gelandet: São Nicolau. Es handelt sich um eine gebirgige Insel, deren höchste Erhebung der Monte Gordo mit 1.312 Metern darstellt, ein ebenmäßiger Vulkankegel mit runder Kuppe. Während die niedrigen Küstenregionen wüstenartig trocken sind, fallen im bergigen Zentrum immerhin unregelmäßige Niederschläge. In der üppig grünen Fajã-Hochebene kann dank eines Süßwasserstollens auch eine Bewässerungs-Landwirtschaft betrieben werden. Heute leben etwa 12.700 EinwohnerInnen auf der Vulkaninsel, weitaus weniger als vor den verheerenden Dürre- und Hungerkatastrophen der 1940-er Jahre, als ein großer Teil der Bevölkerung verhungerte oder nach São Tomé und Principe emigrierte. Ein Land mit tragischer Geschichte. Dabei ist es derart faszinierend und wunderschön hier – Wanderlichs kamen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Eines schönen Tages verließen sie ihren schwarzsandigen Hausstrand und machten sich ins Ortszentrum von Tarrafal auf, um eine Fahrgelegenheit in die Berge aufzutreiben. Es gibt nur sehr wenige Taxis auf São Nicolau, deshalb wollten die beiden ein Aluguer nehmen – ein günstiges Sammeltaxi, das aber nicht zwingend dann und dorthin fährt, wo man selbst gerade möchte. Sie schafften es aber einen Chauffeur zu finden, der sie für 1.000 Escudos exklusiv in das kleine Bergdorf Praia Branca 14 Kilometer nordwestlich von Tarrafal brachte. So ersparten sich Herr und Frau Wanderlich bereits eine beschwerliche Anreise ab Meeresniveau, da der beschauliche Ort auf einer Höhe von 169 Metern liegt. Auf dieser sechsstündigen Tour gilt es nämlich ohnehin noch 950 m im Auf- und 410 m im Abstieg zu bewältigen. Die Wanderung bietet auch gleich einen spektakulären Auftakt: vor den Wanderlichs erhoben sich die mächtigen Felsentürme des 1.057 m hohen Tope Matin und des 954 m hohen Tope Moca. Auf einem uralten, größtenteils gepflasterten Caminho, auf dem auch heute noch Esel den Haupttransport leisten, führt dann der Weg durch das zerklüftete Hauptbergmassiv der Insel. Aufgrund der Höhenstufung passiert man unterschiedliche Vegetationszonen, von der trockenen Savanne bis hin zu den sattgrünen Hochebenen. Die gesamte Bergregion wurde kultiviert – überall befinden sich Terrassenfelder und kleine bunte Steinhäuser sind waghalsig auf Felsvorsprüngen gebaut. Echtes Anden-Feeling, nur mit Maultieren statt Lamas. Der Fahrer hat die zwei Abenteurer jedenfalls wunderbar zentral in Praia Branca bei der „Casa da Morna Sodade“ abgesetzt. Von hier geht man gleich rechts auf der gepflasterten Straße bergauf (ggf. der Ausschilderung Richtung Fragata folgend). Man lässt das Dorf rasch hinter sich und hält sich bei der Weggabelung auf einer Anhöhe halb links und leicht bergab, nicht rechts hinauf. Herr und Frau Wanderlich waren positiv überrascht über so viele gute Markierungen, da die Wegfindung aufgrund der vielen Abzweigungen sonst nicht einfach geworden wäre. Wanderlichs marschierten durch eine Linkskehre und querten ein Trockenbachbett, wobei sie anschließend wieder auf dem breiten Caminho landeten. Sie erreichten nach einem knackigen Anstieg die erste Passhöhe auf 623 Metern und mit dieser einen beeindruckenden Aussichtspunkt. Man kann den Hinweg von Praia Branca sehen, aber auch den weiterführenden Caminho durch die zerklüftete Landschaft. An der Weggabelung führt links bergab ein Pfad Richtung Ribeira Prata, für diese Tour bleibt man aber halb rechts, direkt unterhalb der 400 Meter hohen, steil aufragenden Felswände des Tope Matin – ein besonders eindrucksvoller Abschnitt. Herr und Frau Wanderlich passierten eines der wenigen Holzschilder, das rechts bergauf zum Monte Gordo weist, dem höchsten Punkt der Insel. Sie blieben aber auf ihrem Weg, der weiter links bergab führt. Sie querten eine Senke bei einem kleinen Staudamm, wo auch ein paar Esel anzutreffen waren, welche die Wanderer neugierig beäugten – wohl ein seltener Anblick. Ab hier nimmt man den bergauf führenden Pfad, auf dem man ein kleines Dörfchen oberhalb passiert. Es folgt ein eindrucksvoller Aufstieg durch eine schmale Scharte mit etlichen Haarnadelkurven. Der Caminho ist streckenweise in einem schlechten Zustand, aber trotzdem gefahrlos begehbar. Hier sammeln sich die Wolken und es wehte ein kräftiges Berglüftchen. Die beiden wanderten mutterseelenallein durch diese spektakuläre Kulisse dahin, wobei sie lediglich vereinzelt auf ein paar Einheimische trafen, die hier komplett abgeschieden in den Bergen wohnten. Ein freundliches „Bom dia!“ und jeder ging wieder seiner Wege. Herr und Frau Wanderlich erreichten den zweiten Pass auf 761 Höhenmetern. Es bietet sich ein fabelhafter Ausblick über das weite Grün der Fajã-Hochebene. Hier gibt es plötzlich eine üppige Vegetation voller Palmen, Drachenbäume und riesiger Agaven. Ein unvergleichliches Erlebnis und eine Belohnung für den steilen Anstieg zu Beginn der Wanderung. Eine Abzweigung zum Monte Gordo zur Rechten wird ignoriert und es geht weiter bergab. Die Wanderlichs kamen an etlichen bunten Häusern vorbei und staunten über die Vielfalt an Pflanzen, die dem Namen „Kap Verde“ (grünes Kap) zum ersten Mal auf ihrer Reise wirklich alle Ehre machte. In diesem Bewuchs fühlen sich natürlich auch alle möglichen Krabbel- und Spinnentiere wohl, allen voran die riesige Zebraspinne. Monströse Kreaturen, die ihre ausladenden Netze gerne über den gesamten Weg bauen. Am besten schnell darunter durchhuschen und bloß nicht nach oben sehen, wo oft hunderte Tiere in den Spinnweben hängen und auf Beute lauern. Die Straße endet und hier hält man sich am besten rechts. Nach einiger Zeit erreichten die beiden Fußtouristen die Verbindungsstraße von Tarrafal nach Fajã de Baixo, die sie auch überqueren mussten. Man wandert auf dem Hauptweg, bis die Straße an einer Ruine endet. Bei einem gelben Haus biegt die Straße nach links ab – die zwei marschierten aber geradeaus auf dem steil ansteigenden und mit Steinen gesäumten Caminho weiter. Die letzten Höhenmeter für die müden Beine und auch die afrikanische Sonne hatte es trotz später Stunde noch ordentlich in sich. Dort, wo der Pfad endet, hält man sich halb rechts – abermals endet der Weg vor einer Mauer. Geht man an dieser links vorbei, erreicht man die Kirche Senhora do Monte, ein lohnender Abstecher mit atemberaubendem Ausblick ins Tal. Geht man rechts, kommt man an prachtvollen Affenbrotbäumen vorbei und erreicht die Ortschaft Cachaço (713 m). Weit und breit keine Fahrgelegenheit, also mussten Herr und Frau Wanderlich noch gut eine Stunde geduldig am Straßenrand sitzen und auf ein Sammeltaxi warten. Zum Glück tauchte dann doch ein Aluguer Richtung Tarrafal auf, in dem gerade noch zwei Plätze frei waren. Der Rückweg an die Küste hätte nämlich noch einmal etliche Stunden in Anspruch genommen. Alles in allem eine großartige und landschaftlich spektakuläre Wanderung durch verschiedene Vegetationszonen der Insel São Nicolau (deren westlicher Teil wie eine kleine Ausgabe des Kontinents Afrika aussieht). Technisch einfach, aber aufgrund der Länge und Höhenmeter ist eine gute Kondition erforderlich. Zudem gibt es wenig Schatten und nur in den größeren Dörfern die Möglichkeit sich ein kühles Getränk zu kaufen.
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Herr und Frau Wanderlich teilen eine gemeinsame Leidenschaft - die (Fern-) Wanderei. Folge ihnen auf ihren Streifzügen durchs In- und Ausland... ARCHIV
April 2025
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