Herr und Frau Wanderlich sind immer wieder gerne im Burgenland, um die schier endlosen Weiten zu durchstreifen. Bei ihrem letzten Aufenthalt wollten die zwei unbedingt die legendären ungarischen Steppenrinder besuchen, die hier seit vielen Jahren angesiedelt sind.
Ihr Weg führte sie demnach in die kleine Gemeinde Apetlon im Bezirk Neusiedl am See. Der Ort befindet sich am Ostufer des gleichnamigen Neusiedlersees und direkt an der ungarischen Grenze. Charakteristisch für die Landschaft dort sind weite, offene Ebenen und eine Salzflora, die viele kleine Tümpel umschließt.
In Apetlon wird umfassend Weinbau betrieben, was natürlich ebenfalls das Landschaftsbild prägt. Und alljährlich kommen vor allem in der Frühlingszeit zahlreiche OrnithologInnen aus ganz Europa, um die seltene Vogelwelt an der Langen Lacke und in den umliegenden Pusztagebieten zu beobachten und zu fotografieren.
Wanderlichs parkten ein Stück außerhalb, im Seevorgelände bei Apetlon, weil sie gelesen hatten, dass seit dem Jahr 1995 in der Bewahrungszone Sandeck-Neudegg im Nationalpark Neusiedler See-Seewinkel wieder eine Graurinderherde weidet. Es wäre natürlich schöner gewesen die sanften Riesen direkt in der Steppe zu beobachten, aber die Tiere hielten sich noch in und um ihre Stallungen auf.
Das Steppen- oder Graurind ist eine alte Hausrindrasse aus dem ungarischen Tiefland, die vom Aussterben bedroht ist. Sie gehört zur Gruppe der podolischen Rinder und eignet sich besonders gut für extensive Beweidungssysteme. Ausgewachsene Tiere sind silberweiß bis aschgrau und tragen markante lange Hörner als Kopfschmuck.
Herr und frau Wanderlich gelangten über ein Schotterweglein zu einem mächtigen Gehöft, wo sich auch ein ehemaliger ungarischer Grenzwachturm befindet. Dieser stand zu Zeiten des Eisernen Vorhangs in Fertőújlak und dient seit 1994 nur noch der Naturbeobachtung. Er kann auf eigene Gefahr bis zu einem bestimmten Punkt bestiegen werden – die obere Plattform nur im Rahmen einer Nationalparkführung.
Von oben genießt man jedenfalls einen schönen Rundumblick über die ausgedehnte Steppenlandschaft des Seewinkels, die mit nur 120 Metern über dem Meeresspiegel zugleich das am tiefsten gelegene Gebiet Österreichs darstellt – der tiefst gemessene Punkt beträgt lediglich 113 Meter.
Die beiden Ausflügler kletterten wieder hinunter und umrundeten auf nicht markierten Pfaden die Weidelandschaft der „Long Horns“. Es gab ein paar entzückende Kälber zu sehen und auch den ein oder anderen mächtigen Stier, dem man nun doch nicht allein in der Steppe begegnen wollen würde.
Das letzte Stück der kleinen, etwa zweistündigen Wanderung legten die Wanderlichs dann auf asphaltierter Straße zurück, die zum Glück kaum befahren war. Man konnte unzählige Vögel beobachten, die sich an den kleinen Wasserstellen tummelten und auch die Weinreben präsentierten bereits die ersten zarten Blättchen. Bei der Rückfahrt kommt man am Apetlonerhof vorbei – ein ehemaliger Gutshof, der heute dem Nationalpark als Verwaltungssitz dient und ebenfalls Stallungen für Steppenrinder besitzt.
Text- und Bildschmiede:
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